stern überm malathounis

DSC_2521In paris, am ende des jardin des tuileries, findet sich, sozusagen als echo auf den louvre, die orangerie. Im untergeschoss des museums, auf gut hundert metern, sind die seerosen-bilder claude monets… ja, was sind sie nun, diese bilder? Zu betrachten, zu bewundern, zu bestaunen? Gleichwie. Wer diese bilder noch nicht gesehen hat, hat noch nicht genug gesehen.

In kernen, ortsteil stetten, fast versteckt in der gartenstrasse, findet sich, sozusagen als widerwort auf alle gängigen vorurteile gegenüber griechischer küche, das malathounis. Wer dort noch nicht gegessen hat, hat noch nicht genug gegessen.

Mach dir keine überflüssigen sorgen, keine falschen hoffnungen. Der ouzo dient hier allenfalls der beize und nicht als führerscheingefährender absacker, der dem Gast mit der rechnung aufgezwungen wird. Feta kommt nicht als vakuum-gepresster würfel auf den tisch, Anna Malathounis serviert ihn als griechisch-bayrischen kultur-vertrag. Als o’batzten komponiert ihn Joannis in der küche.

Cross over ist wohl das neudeutsche wort für das grenzüberschreitende angebot im malathounis. Zwei menüs, eines davon vegetarisch, drei vorspeisen, zwei hauptspeisen und vier desserts. Daraus gilt’s zu wählen. Keine speise zu wenig, kein angebot zuviel. Wer auf souflaki oder gar deutschtümelnd ein fritiertes schnitzel spitzt, sollte die gartenstrasse gar nicht erst ins navi eingeben.

Alle zwei bis drei wochen ändert Joannis Malathounis die karte. Immer das gleiche zu kochen, ist ihm so fad wie hühnerbrühe aus dem maggi-regal. Mit chronischer resistenz gegen überraschungen ist der gast hier folgerichtig falsch am ort. Es sei denn, ihm ist ein rest an bereitschaft geblieben, sich überraschen zu lassen.

Damit zurück zu den seerosen-bildern. Von schritt zu schritt bieten sie neue sicht und doch lässt sich die linie erkennen. Und so, wie claude monet gemalt hat, kocht Joannis Malathounis. Bunt, lebendig, stilvoll und auch anarchisch. Ohne firlefanz. Was jahreszeitlich gefärbt den teller zu einem auch optischen erlebnis macht, die gäste auf eine kulinarische entdeckungsreise einlädt, dient nur einem zweck: dem wohlgeschmack. Überflüssiges deko, mit messer und gabel beschämt am tellerrand zu entsorgen, sucht sich vergeblich. Dekadenz in geschmackloser form von goldfolie erst recht.

Malathounis, der küchen-komponist, steht als mensch von unendlicher phantasie am herd. Zwanzig oder mehr jahre stamm-gästeschaft – es hat sich noch nie etwas wiederholt. Kein besuch ohne aha-effekt. Nein: ohne aha-erlebnis. Es wäre ausgelutscht, den vergleich zwischen körperlicher und kulinarischer leidenschaft zu bemühen. Aber sinnlich – sinnlich ist, was Anna Malathounis aus der küche bringt, allemal. Mit dem aufrichtigen lächeln derjenigen, die dem gastronomischen schatzsucher den weg zu einer besonders reichhaltigen ader zu weisen versteht.

Ein koch, der nur kocht, ist entweder ein fundamentalist und als solcher zwingend humorlos, oder aber einer, der resigniert hat. Im leben wie im beruf (keine sorge: das wort berufung wird hier vergeblich gesucht werden). Joannis, der Bassist, verfügt über eine bestaunenswerte kenntnis der musik, die einhergeht mit einem ebenso bewunderlichen geschmack. Wieviele sprachen er spricht – hab’s noch nicht rausgekriegt. Vier sind’s auf alle fälle. Über den vfb kann er sich aufs hitzigste echauffieren. Vor anderen kollegen, so sie’s verdient haben, zieht er mit anerkennung den hut. Zum beispiel, wenn die ihn mit einem gelungenen schweinebraten, knödeln und kraut delektieren. Und an sonnentagen wie heute, kann dir der Joannis schon mal auf dem moped aus amerikanischer manufaktur begegnen. Oder auch Anna, die freunde und bekannte jüngst mit dem motorradführerschein verblüffte.

Zurück ins restaurant. Da gibt’s menschen, die aus anderen bundesländern anreisen, weil sie im internet die weinkarte angefixt hat. Zwecks früheren alkoholischen missbrauchs lässt sich dieses angebot nur in der theorie beschreiben. Indes: dass die preziosen aus der küche im keller ihre fortsetzung finden, ist unbestritten. Abgerundet von aperitif und dugestif, die alles sind, nur nicht gewöhnlich.

Im guide michelin, der bibel aller gut-esser, wird das malathounis jetzt mit einem stern geführt. Als erstes griechisches restaurant in deutschland überhaupt. Das provoziert, unter anderem, die feststellung. „wir haben es schon immer gewusst.“ Aber es geht ums ehepaar malathounis und nicht um uns. Daher schlicht nur die wiederholung eines bereits veröffentlichten satzes: Es gibt sie doch noch, die gerechtigkeit.

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein, der mensch, küche, kultur, kunst abgelegt und mit , , , , , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

1 Antwort zu stern überm malathounis

  1. Udo P. sagt:

    Das ist wohl wahr!

Schreibe einen Kommentar zu Udo P. Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert