ich blogge, also will ich

Ich blogge, also will ich.

Kürzlich hab ich auf die selbstgestellte frage „blog – warum“ antwort-geblödelt. Wohlan, der versuch einer ernsthaften betrachtung.

So ein blog wie dieser gibt nicht mehr ab als ein molekül in der tiefsee aller blogs. Warum also?

Exhibitionismus? – aber sicher. Du willst den menschen zeigen, was du drauf hast. An wissen, an sprachfertigkeit, an überzeugungskraft.

Sendungsbewusstsein? – klar. Du bildest dir ein, etwas sagen zu müssen. Das andere köpfe erreicht, zustimmung erntet, die welt ein bisschen besser machen könnte. Schliesslich ist falsche bescheidenheit nicht dein ding.

Rechthaberei? – selbstverständlich. Den reim, den du dir auf den weltenlauf machst, soll der liebe nachbar auch aufsagen.

Ergo – solch ein blog hat von egomanie ebenso was wie von egozentrik.

Indes – so viel aufwand für ein zu vernachlässigendes körnchen sand im getriebe? Olaf, der verehrte kollege im blog und ehrliche freund im leben, verpasst sein-unseren blogs die wirkungs-note null. Weil wir uns schon glücklich schätzen dürfen, wenn uns aus dem riesigen ameisenhaufen der blog-leser all-überall gelegentlich mal nur eines der possierlichen tierchen berücksichtigt. Und mit soviel strahlkraft, sagt Olaf sinngemäss, kannst du kein scheisshaus stürmen.

Zumal es wohl meistens dieselben menschen sind, die unsereiner mit seinem missionarischen geifer (danke, Hüsch) erreicht. Schwestern und brüder im geist, die – wenn überhaupt – nur in nuancen überzeugt werden müssen, weil sie eh schon ticken wie wir. Die zahl der kommentare und ihr begrenzter fundus an absendern sprechen bände.

Willst du was ändern, könnten wir schlussfolgern, musst du – je nach veranlagung – den langen marsch durch ärsche und instanzen antreten, wegen mir auch unterschriften sammeln oder zur knarre greifen und draufhalten.

„…Könnten wir schlussfolgern…“. Für zwingend halte ich das nicht. Weil ich an die möglichkeit glaube, mit einem holper-stolper blog wie diesem gelegentlich etwas – besser: jemanden – zu erreichen. In unserer ipod-gesellschaft, die den menschen stetig vereinzelt, die nicht mehr menschen und menschen sozialisiert sondern menschen und geräte, in der worte wie gedankenaustausch und meinungsstreit nur mehr altertümlich daher kommen, bedienen wir uns halt auch der elektronischen kommunikation, um uns auszudrücken. Wir tasturbieren ins unbekannte und phantasieren uns die gegenargumente.

Aber: der Olaf, die Julia, mein alterndes blog-ego – wir tun was. Wir lassen nicht un-bedacht stehen, was anderswo postuliert, plakatiert, propagiert wird. Wir behalten nach-bedachtes nicht für uns. Wir gegenwehren. Wir entblössen uns ein stückweit, damit sich andere nicht unwidersprochen, unkommentiert entblöden können.

Vermutlich stellen wir uns dabei selbst gelegentlich blöd an. So wie wir uns das recht auf reine blödelei vorbehalten. Oder you-tube durchforsten, um das hochverehrlich-spärliche publikum mit einem schöpf-löffelchen aus der persönlich-musikalischen suppenschüssel zu bedienen. Auch wenn diese geneigte kundschaft schon längst bedient ist.

Ich hab nur eine dumpfe ahnung davon, wieviele menschen diesen und andere, mir wichtigere, blogs erreicht haben. Geschweige denn, ob sich irgendjemand überzeugen liess und lässt. Aber ich weiss, dass ich nicht schweige. Dass ich mir den mund nicht verbieten lasse. Dass ich schreie, wenn’s die zeit verlangt. Wenn ich damit einen menschen einladen kann, mal ein anderes eckchen im oberstübchen auszuleuchten oder mir ein neues geistiges lichtlein anzustecken, hat sich dieser blog bereits gelohnt. Und der Olafs. Und der Julias. Und der der vielen anderen staubkörnchen.

Dieser Beitrag wurde unter gesellschaft, persönlich abgelegt und mit , , , , , , , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

1 Antwort zu ich blogge, also will ich

  1. Olaf sagt:

    Ich kann Dir wieder mal nur recht geben, lieber Veit. Wir sind nichts weiter als Tröpfchen in einem Meer aus Meinungen. Aber wir sind! Das ist das Einzige was zählt. Wir schreiben nicht für andere, wir schreiben für die Nachgeborenen, die Welt und für jene, die dereinst zusammenklauben werden, was davon noch übrig geblieben sein wird. Es werden die Historiker von morgen sein, die uns bestätigen werden.

    Das Meer aus Meinungen wird früher oder später Tsunamis gegen die herrschenden Meinungen anbranden (neudeutsch: Shitstorm) und am Ende vielleicht sogar eine Sintflut. Und wir werden zu den Tröpfchen gehören, die diese Sintflut machen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert